Ostern ist unfassbar; der Auferstandene Jesus Christus war es, zuerst im direkten wörtlichen Sinn. Er war in der Wirklichkeit des auferstandenen Leibes nicht festzuhalten und nicht zu begreifen. So berichtet das Johannesevangelium im 20. Kapitel von der Begegnung des Auferstandenen Christus mit seiner Jüngerin Maria Magdalena: „Halte mich nicht fest“, denn das ist nicht möglich. In diesen Tagen stellt die achte Station der Wuppertaler Talpassion, deren Original in der Laurentiusbasilika hängt und deren Reproduktion auf dem Weg zur Hardt außen an der Marienkirche gut sichtbar ist, diesen Moment künstlerisch dar. Eine Spannung liegt in ihm: Zwischen der Unfassbarkeit des Neuen Lebens einerseits, das den irdischen Tod hinter sich gelassen und überwunden hat, und dem Licht anderseits, das Maria und ihre Trauer erhellt. Sie erkennt: Jesus lebt. In ihm hat Gott den Tod besiegt.
Für Maria waren Grab und Leichnam Realität. So ging sie zum Grab, um dem toten Jesus ihre Liebe zu erweisen. Es kann in unserem Leben ähnlich zugehen: Fassbar, schmerzlich fassbar je nach Umständen in großer Trauer sind eben der Tod und die Endlichkeit des Lebens. Der Mensch kann vielleicht lange darüber hinweg leben, aber dann scheint der Tod doch das letzte Wort zu haben. .Maria hatte den grausamen Kreuzweg ihres Meisters erlebt. Auch heute errichten die Menschen wie damals viele Kreuze durch Hass, Feindschaft und Gewalt. In den Foltercamps dieser Welt, in den Bürgerkriegen und Gemetzeln, in religiösem und nichtreligiösem Wahn, in rassistisch oder ethnisch entfesselter Gewalt, oder aus rein politischem Machtstreben.
Wir Christen wissen, dass unfassbar ist, was wir Ostern feiern: Aus dem Tod Jesu kommt in seiner Auferstehung das neue Leben für die Welt. Das übersteigt unsere Vernunft, und wissenschaftlich ist dieser Glaube (wie auch seine Leugnung) nicht beweisbar. Wir sind aber überzeugt, dass es der Vernunft nicht widerspricht, ihre Grenzen anzuerkennen. Suchend, mitunter zweifelnd, hoffend und liebend gehen Christen im Glauben den Weg Jesu mit, damit ihr Lebensweg ein Weg in österlicher Hoffnung wird, die sich den Mitmenschen mitteilen will und soll.
Maria damals am Grab hatte nicht eine Erleuchtung aus sich heraus, weder hatte sie zu lange meditiert noch zu viel getrunken. Christus selbst musste ihr die Augen öffnen – österlicher Glaube ist immer auch ein großes Geschenk, nicht eine religiöse Leistung. So erkannte Maria ihn, den Lebenden, und diese Erkenntnis änderte ihr Leben.
Wir wünschen Ihnen ein von österlicher Hoffnung erleuchtetes Herz, österliche Augen, die mehr sehen, als das, was einfachhin fassbar ist.
Frohe und gesegnete Ostern!
Ilka Federschmidt, Superintendentin des Kirchenkreises Wuppertal
Bruno Kurth, Stadtdechant der katholischen Kirche
Der Text wurde in einer gekürzten Version in der Wuppertaler Rundschau vom 18. April 2014 erstveröffentlicht.
Die Rubrik “Auf ein Wort” erscheint in unregelmäßigen Abständen in der Samstagsausgabe der Wuppertaler Rundschau. Autoren sind evangelische und katholische Theologen in Wuppertal, die sich zu aktuellen gesellschaftlichen oder kommunalen Themen äußern. Wir veröffentlichen auf kath 2:30 die Beiträge der katholischen Autoren. Die evangelischen Beiträge finden Sie hier.
Du kannst einen Kommentar schreiben.